Das Paradies der Paradeiser
Warum früher tatsächlich manches besser war – und wie man den Geschmack des Sommers für den Winter haltbar macht: Zu Besuch am Hof von Erich Stekovics.
Lesezeit: ca. 2 MinutenErich Stekovics mag keine großen Umschweife. „Ich habe drei Ziele: Erstens Geschmack, zweitens Geschmack, drittens Geschmack“, erklärt uns der als Paradeiser-Kaiser bekannte Bio-Landwirt, was ihn antreibt – und was ihn immer angetrieben hat. Der Sohn eines Nebenerwerbs-Landwirten kommt schon als Kind in Berührung mit Feld und Frucht – studiert dann aber doch Theologie und wirkt mehrere Jahre als Religionslehrer, bevor er sich seinen Jugendtraum erfüllt und seine eigene Landwirtschaft im burgenländischen Seewinkel ins Leben ruft. Dabei ist ihm von Anfang an klar – er will keine konventionelle Landwirtschaft, wie sie heute betrieben wird. Er will nur das Beste ernten und das dann mit Sorgfalt einlegen, so wie es seine Großeltern einst gemacht haben: „Den Geschmack vom Sommer holen und ihn für den Winter haltbar machen.“
Von diesem Sommergeschmack hat Erich Stekovics sehr klare Vorstellungen. Um moderne Züchtungen macht er einen großen Bogen, beginnt stattdessen eine Zusammenarbeit mit dem Verein Arche Noah im niederösterreichischen Schiltern, wo man sich der Erhaltung alter Gemüse-, Obst- und Getreidesorten verschrieben hat, die von Gentechnik und Saatgut-Monopolen bedroht sind. Nur mit diesen Sorten will Stekovics arbeiten: „Sie sind nicht ertragreich, nicht lagerfähig, nicht transportfähig – aber sie schmecken gut“, weiß der Landwirt – und er wusste schon vor über 20 Jahren: Dafür gibt es einen Markt! Der Erfolg lässt nicht lange auf sich warten. Zur Jahrtausendwende ist sein Betrieb der erste in Österreich, der Biogemüse konserviert. Über das Versandhaus Manufactum wird Stekovics zunächst in Deutschland bekannt, es folgen Berichte in namhaften deutschen und österreichischen Medien, die den unerreichten Geschmack der konser-vierten Köstlichkeiten aus dem Seewinkel ins Land hinaustragen – und sich dabei vor allem die einzigartigen Paradeisersorten auf der Zunge zergehen lassen. Über 3.200 davon hat Stekovics über die Jahre angebaut, heute verfügt er über die größte lebende Sammlung an Tomatensaatgut weltweit. Von „African Beefsteak“ bis „Zwergtomate“ sind viele dieser alten Sorten auch als Jungpflanzen erhältlich – jede einzelne begeistert Gemüse-Gourmets mit eigener Geschichte und eigenen Geschmacksnuancen.
Dabei legt Erich Stekovics großen Wert auf einen puristischen Ansatz: „Am besten sind rohpassierte Paradeiser ohne Salz“, schwärmt er und erklärt dass die Faschiermaschine des Betriebs über große Löcher verfüge, sodass die Kerne der Frucht beim Passieren nicht aufgebrochen werden, wodurch die Bitterstoffe erhalten bleiben. „Das kannst du für Sugos verwenden, für Suppen für Gulasch – oder du kannst es einfach nur trinken.“ Überhaupt liebt Stekovics die Vorzüge einer reduzierten Küche mit exzellenten, möglichst natürlichen Zutaten. „Eine Erdbeermarmelade aus einer Erdbeersorte von 1925 braucht kein zusätzliches Tuning mit Vanille, Lavendel oder gar künstlichen Aromen.“, unterstreicht er seine Philosophie der kulinarischen Einfachheit. Geschmack, Geschmack, Geschmack – ohne große Umschweife. Wir haben verstanden.