Ein bisschen wie Janus

Ein Blick zurück und einer nach vorn mit Franz Horvath, Seelsorger und Psychotherapeut am Sterntalerhof – und bald (auch) Pensionist.

© Sterntalerhof, Stephan Zwiauer

Im vergangenen Winter hat sich Franz intensiv um eine Familie aus Graz gekümmert, eine Familie mit einem 14-jährigen Burschen, der von Geburt an herzkrank war, nennen wir ihn Thomas. „Bei Kindern mit schweren Erkrankungen, ist der Tod immer ein nahes Thema“, sagt Franz. In diesem Fall jedoch schien die fröhliche Lebenslust des Teenagers den Tod auf Distanz zu halten, jahrelang – bis zu jenem Tag im vergangenen November, als Thomas nach einem Herzanfall ins Koma fiel, von dem er nicht wieder aufwachen sollte. „Bald war klar, dass man den Zustand so nicht aufrechterhalten konnte, dass man irgendwas entscheiden musste“, sagt Franz. In diesen Tagen und Wochen und Monaten des Ringens, des Bangens, des noch auf ein Wunder Hoffens stand Franz an der Seite von Thomas’ Eltern – und an ihrer Seite wird er noch lange bleiben.

Viele Familien wie die von Thomas hat Franz in den letzten Jahren begleitet. Seit er in einer früheren Zeit als Pfarrer nach neuen Perspektiven gesucht und den Seelsorger Peter Kai kennengelernt hat, steht er dem Hospizwesen nahe – seit 2016 wirkt er am Sterntalerhof, als Seelsorger und Psychotherapeut. Als „Führung und Fügung“ beschreibt er seinen beruflichen Lebensweg, der nun diesen Frühling zu einem Ziel kommen wird, wenn Franz seinen Ruhestand antritt – zumindest vorerst. Er fühle sich ein bisschen wie Janus, scherzt Franz, der römische Gott mit den zwei Gesichtern der zurück- und gleichzeitig nach vorne blickt. Im Rückblick sei da zunächst einfach ganz viel Dankbarkeit, resümiert er. Dankbarkeit für den Sterntalerhof, das Team, die Kolleginnen und Kollegen. „Dankbarkeit für die Erfahrungen, die ich machen durfte. Dankbarkeit, diese Familien begleitet haben zu dürfen, mit all den vielen Berührungspunkten, die es da gab – mit den Bruchstellen, die die Familien erlebt haben, die Krisen, die Herausforderungen, die sie gemeistert haben. Das berührt mich, das fasziniert mich. Ich bin erfüllt von Dankbarkeit und Demut – vor so viel innerer Stärke.“ Zu dieser Dankbarkeit gehöre aber auch die Erkenntnis um die Vielseitigkeit des Lebens, sagt Franz. Nicht nur weil, das Leben an Intensität, an Radikalität, an Wichtigkeit gewinne, wenn man sich der eigenen Endlichkeit bewusst werde. „Sondern auch weil es nie nur den Tod gibt, sondern immer auch das Leben in all seiner Fülle, die ganze Spannweite – mit allem, was dazugehört“, sagt Franz. „Da sind die Täler, aber immer auch die Berge. Es ist schön Gipfelerlebnisse zu teilen, aber dann geht’s immer auch darum, die engen Täler gut zu durchschreiten.“ Oder eben darum, Menschen beim Durchschreiten dieser Täler zu begleiten.

Eine seiner vielen Rollen: Jedes Jahr im Advent schlüpfte Franz Horvath ins Nikolo-Gewand und legte Nüsse und Schoko vor leuchtende Kinderaugen. | © Sterntalerhof, Stephan Zwiauer

Eine seiner vielen Rollen: Jedes Jahr im Advent schlüpfte Franz Horvath ins Nikolo-Gewand und legte Nüsse und Schoko vor leuchtende Kinderaugen. | © Sterntalerhof, Stephan Zwiauer

Zukunft kommt immer

In seiner Übergangsphase zwischen Arbeitsleben und Ruhestand will Franz aber auch den Blick nach vorne nicht zu kurz kommen lassen. Er freut sich darauf, mehr Zeit für Freunde zu finden. Er will seine Heimat, das Burgenland, durchwandern. Und er freut sich darauf, seine Bogenschützenkünste weiter auszubauen. Auch dem Sterntalerhof will er verbunden bleiben, vielleicht auch rund um die neue Akademie. „Vielleicht brauchen wir neue Formate zur Weitergabe unserer Lebens- und Sterbenserfahrungen“, sagt Franz, die Akademie könne dabei eine bedeutende Rolle spielen. Überhaupt sieht er den Sterntalerhof auch als Kompetenzzentrum, als Werk-Statt, „wo Dinge auch mal etwas anders angegangen werden können, wo aus Sicht der betroffenen Familie gedacht und gewirkt wird.“ Er würde sich wünschen, den Sterntalerhof weiter wachsen und an Kraft gewinnen zu sehen, sagt Franz. „Damit er jener Zufluchtsort bleibt, der er heute ist“, betont er. Für Familien wie die von Thomas. In den Tagen schlimmster Krise. Und davor, ab der Diagnose. Und danach, weit über den Tod hinaus.

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